Eine Anleitung für die allerersten Schritte in Richtung LiveCode-Programmierung.

Mit LiveCode kann man eine Menge machen. So langsam spricht es sich auch im deutschsprachigen Raum herum: Schneller professionelle Apps entwickeln, schneller von der Idee zum Prototypen und schneller vom Prototypen zum fertigen Programm für Windows, Mac, Linux, iOS oder Android. Wer sich erstmal eingearbeitet hat, kann seine Auftraggeber (oder seine Freunde) damit beeindrucken, dass innerhalb kurzer Zeit schon gutaussehende Demos fertig sind, die zudem auch noch funktionieren.

Aber nicht nur langjährig erfahrene Profis können mit LiveCode effizient zum Ziel kommen – auch der allererste Einstieg in LiveCode ist viel einfacher und erfolgreicher als der Start mit anderen Entwicklungssystemen. Niemand würde beim Microsoft Visual Studio, bei Xcode oder dem Android-Studio von schnellen Erfolgserlebnissen sprechen. Viele sind froh, wenn überhaupt die langwierige Installation ohne größere Probleme gelingt – und dann? Bis das erste “Hallo Welt” aufblinkt, ist meistens viel Zeit vergangen und viel Schweiß geflossen.

Gewiss: Auch LiveCode muss erlernt werden – nichts geht komplett von selber. Aber Erfolgserlebnisse kann man mit LiveCode schon ab dem ersten Anfang bekommen, und das Lernen geht in klar verständlichen Schritten vor sich – mit stets sichtbaren Ergebnissen.

Vereinfacht und etwas polemisiert ausgedrückt: In herkömmlichen Entwicklungswerkzeugen muss man in der Regel selbst für die simpelsten Funktionen eine Menge (Anfängern zunächst völlig unverständlichen) Code eingeben: Sei es, um das System zu initialisieren, um die Layouts zu definieren, um Verknüpfungen zu erstellen, Klassen zu definieren und Instanzen zu aktivieren. Dann startet man den Compiler, baut sein Projekt aus unterschiedlichsten Quellen zusammen, nur um zu sehen, dass es schwerwiegende Fehlermeldungen gibt, weil irgendwo irgendwas noch nicht ganz korrekt ist. Danach rauft man sich erst einmal die Haare aus, weil man einfach nicht weiß, was jetzt falsch ist und wie man es besser machen soll.

Dagegen läuft der Workflow bei LiveCode viel simpler, bildhafter und übersichtlicher ab.

Wieder vereinfacht gesagt: LiveCode wird gestartet, ein neuer Stack (=Programmfenster) wird erstellt, dann werden die Bedienelemente, Buttons, Textfelder, Grafiken usw. in das Fenster gezogen und mit der Maus schön angeordnet. Per Doppelklick kann man die Eigenschaften jedes Elements einstellen (Farben, Aussehen, Grundverhalten). Per Rechtsklick kann man jedem Element ein kleines Skript mitgeben, was es tun soll, wenn es geklickt, gezogen, verändert, Text eingegeben wird usw… Die Skripte können wiederum die Eigenschaften der vorhandenen Elemente setzen und verändern. Zu jedem Zeitpunkt kann von Bearbeitungs- auf Live-Modus umgeschaltet werden, und schon ist das Programm aktiv und läuft. Sofort kann man sehen, wie sich die Veränderungen auswirken und was wie funktioniert. Nach kurzer Zeit ist die erste Demo fertig – nach entsprechender Feinarbeit entsteht eine fertige App.

Zu schön, um wahr zu sein? Das kann man nur durch Ausprobieren herausfinden.

LiveCode laden und installieren

Lade Dir die kostenlose OpenSource-Version von LiveCode herunter. Du findest alle Versionen von LiveCode auf:

http://downloads.livecode.com/livecode/

Die kostenlose Fassung ist die Community Edition. Ich empfehle, die aktuellste Version, die als STABLE gekennzeichnet ist, zu laden (derzeit ist das Version 8.1.2). Ob Windows oder Mac hängt von Deinem Arbeitsgerät ab (Linux geht natürlich auch).

Die Community-Version ist die OpenSource-Fassung von LiveCode. SIe ist weder zeitlich noch funktional eingeschränkt. Das heißt, mit ihr kann man alle Funktionen von LiveCode nutzen und auch Standalone-Apps erstellen. Nur kommerziell verbreiten darf man sie nicht.

Nach dem Laden startest Du das Setup und installierst LiveCode auf Deinem Gerät. Beim ersten Start kannst Du Dich bei LiveCode registrieren – Du kannst diesen Schritt aber auch einfach auslassen und LiveCode ohne Anmeldung verwenden.

Herzlichen Glückwunsch – LiveCode steht Dir jetzt vollständig zur Verfügung! Gehe auf File – New Stack – Default Size, und ein leeres Fenster öffnet sich. Das wird Dein Programm, Deine App, Dein eigenes Werk.

Die LiveCode-Oberfläche (hier: Windows) mit dem neuen und noch leeren Programmfenster

Links findet Du eine senkrechte Leiste mit den Namen “Tools”. Hier befinden sich die grundlegenden Elemente, die Du in Deinem Programm verwenden kannst. Greife zum Beispiel einen Button mit der Maus aus der Tools-Leiste und ziehe ihn in Dein Programmfenster. Jetzt hast Du ein Programm mit einem Standard-Button.

Eigenschaften ändern

Du kannst den Button mit der Maus verschieben und skalieren, wie Du möchtest. Wenn Du den Button doppelklickst, öffnet sich der Property Inspector. Hier gibt es mehrere Reiter, die es ermöglichen, das Aussehen des Buttons nach Deinen Vorstellungen anzupassen, angefangen mit der Aufschrift über die Hintergund- und Textfarbe und -größe, bis hin zur Grundform oder zu Effekten wie Schlagschatten oder Leuchten.


Warum nicht mal ein Button in Grün?

Wenn Du den Pfeil ganz links oben in der Tools-Leiste klickst, bist Du im Live-Modus. Das heißt, Du kannst Dein Programm jetzt schon ausprobieren. Der Button kann schon geklickt werden und lässt sich sichtbar drücken.

Mehr passiert nicht, denn es ist ja noch kein Verhalten programmiert worden. Das wirst Du jetzt tun.

Skript hinzufügen

Gehe zurück auf den Bearbeitungsmodus (rechter oberer Pfeil in der Tools-Leiste). Dann klickst Du mit der rechten Maustaste auf den Button (Strg-Klick beim Mac), wählst “Edit Script” und das Editorfenster für den Button öffnet sich. Zwei Zeilen stehen schon drin:

on mouseUp

end mouseUp

Dazwischen schreibst Du jetzt Deine eigene Zeile, nämlich

answer “Hallo Welt!”

Das wars. Jetzt klickst Du auf den Button “Apply” links oben im Editorfenster, und Dein erstes Skript ist aktiviert. Wechsle auf den Live-Modus (linker oberer Pfeil in der Tools-Leiste) – und Du kannst es ausprobieren. Klicke auf Deinen Button, und es öffnet sich ein Meldungsfenster mit dem Text “Hallo Welt!”


“Hallo Welt” läuft – mit wenigen Klicks und einer Zeile Code.

Einfacher geht es wohl nicht. Ein paar Klicks, eine Zeile geschrieben, und das “Hallo Welt”-Programm ist fertig.

Super – und jetzt?

An dieser Stelle kann ein wunderbarer Weg zum erfolgreichen Softwareentwickler beginnen… Aber wie geht es jetzt weiter?

Niemand hält Dich davon ab, eigene Experimente zu machen. Du kannst eine Menge verschiedene Elemente auf Dein Programmfenster ziehen, sie anordnen und gestalten, ihnen Eigenschaften und Beschriftungen geben – das gibt schon mal ein gutes Gefühl dafür, wie eine erfolgreiche App später aussehen könnte, eine Vision davon, was alles möglich ist.

Um aber wirklich erfolgreich in Gang zu kommen, solltest Du die Grundlagen der Skriptsprache kennen (es ist nicht schwer, am Anfang braucht man nur wenige Befehle und nach und nach lernt man mehr hinzu) und die grundlegende Arbeitsweise bei der App-Erstellung mit LiveCode lernen. Das spart zumindest eine Menge Zeit.

Das deutsche LiveCode-Buch

Der einfachste Weg, um ohne Vorkenntnisse in die große Welt von LiveCode hineinzukommen, besteht darin, das Lehrbuch “Eigene Apps programmieren” zu erwerben. Damit kannst Du Dich Lektion für Lektion durch Verstehen, Nachbauen und Ausprobieren immer fundierter in die Materie einarbeiten, und das macht Spaß! Ich empfehle es nicht nur, weil ich das Buch geschrieben habe, sondern weil es das bislang einzige Handbuch in deutscher Sprache ist, mit dem man LiveCode lernen kann. Das Buch gibt es in jeder Buchhandlung, portofrei direkt beim Verlag (auch als etwas vergünstigtes EBook) oder natürlich auch bei amazon.de, buch24.de, buecher.de usw…

Eigene Apps programmieren, Rheinwerk Verlag 2016

Englischsprachige Tutorials

Wer sich ohne das Buch hineinarbeiten möchte, kann selbstverständlich auch auf gute und umfangreiche Tutorials im Web zurückgreifen. Sie sind durchgängig in englischer Sprache – und sie behandeln eine Menge Themen erschöpfend, von den ersten Anfängen bis hin zum professionellen Arbeiten mit LiveCode. Auch ich habe zu Beginn sehr viel von diesen Tutorials (jedenfalls denen, die es damals schon gab) profitiert.

LiveCode Lessons

Lass Dich nicht abhalten: Der Weg zum Erfolg ist mit LiveCode zum Greifen nahe. Probiere Deine Ideen immer wieder aus, baue die vorhandenen Beispiele nach, dadurch lernst Du eine Menge. Und wenn Du nicht weiterkommst: Suche im LiveCode-Forum nach Lösungen oder stelle Deine Frage selbst, gern auf Deutsch, hier im Forum – oder auf Englisch im offiziellen LiveCode-Forum. Viele erfahrene LiveCode-Anwender helfen Dir gern weiter.

Es wird Zeit, dass LiveCode auch bei uns im deutschsprachigen Raum mehr Verbreitung findet, denn es gibt in dieser Form keine vergleichbare Alternative. Eine Menge toller Apps warten darauf, von Dir gebaut zu werden!